TESTO DEL LIED

"Morgenlied"
di Zacharias Werner (1768-1823)

Eh' die Sonne früh aufsteht,
Wenn aus dem dampfenden Meer,
Herauf und herunter das Morgenrot weht,
Voranfährt mit dem leuchtenden Speer:
Flattern Vöglein dahin und daher,
Singen fröhlich die Kreuz und die Quer
Ein Lied, ein jubelndes Lied.
»Was freut ihr Vöglein euch allzumal
So herzig im wärmenden Sonnenstrahl?«
»Wir freu'n uns, daß wir leben und sind,
Und daß wir luft'ge Gesellen sind,
Nach löblichem Brauch
Durchflattern wir fröhlich den Strauch,
Umweht vom lieblichen Morgenwind
Ergötzet die Sonne sich auch.«
»Was sitzt ihr Vöglein so stumm und geduckt
Am Dach im moosigen Nest?«
»Wir sitzen, weil uns die Sonn' nicht beguckt,
Schon hat sie die nacht in die Wellen geduckt,
Der Mond allein, der liebliche Schein,
Der Sonne lieblicher Widerschein
Uns in der Dunkelheit nie verläßt,
Darob wir im Stillen uns freu'n.«
O Jugend, kühlige Morgenzeit,
Wo wir die Herzen geöffnet und weit,
Mit raschem und erwachenden Sinn,
Der Lebensfrische uns erfreut,
Wohl flohst du dahin!
Wir Alten sitzen geduckt im Nest,
Allein der liebliche Widerschein der Jugendzeit,
Wo wir im Frührot uns erfreut,
Uns auch im Alter nie verläßt,
Die stille, sinnige Fröhlichkeit.