TESTO DEL LIED

"Der große Christoph"
di Johann Friedrich Kind (1768-1843)

Offerus war ein Lanzenknecht,
Ein Held von Kanaans Geschlecht;
Hätt' einen Leichnam von zwölf Ehlen;
Tät nicht gern gehorchen, lieber befehlen.
Er kümmert sich nicht sehr darum,
Was Andre schelten gerad und krumm,
Dacht' nur an Balgen, Stechen und Raufen,
Wollt' nur dem Größten die Haut verkaufen.
Und als er vernahm, in dieser Zeit
Sei der Kaiser der Herr der Christenheit,
Sprach er: "Herr Kaiser, wollt Ihr mich haben
Keinem Kleinern wollt ich das Herz drum laben."
Der Kaiser sah an die Simsonsgestalt,
Die Hünenbrust und der Fäuste Gewalt,
Und sprach: "Willst du zu ewigen Zeiten
Mir dienen, Offere, so kann ich's leiden."
Alsbald erwidert der grobe Gesell:
"Mit dem ewigen Dienen da geht's nicht so schnell,
Doch so lange ich bin unter Euren Hatschiren,
Soll keiner Euch in Ost und West turbiren."
Drauf zog er mit den Kaiser durchs ganze Land,
Der an ihm ein großes Gefallen fand;
Alle Kriegsleut beim Handgemeng und beim Becher
Gegen den Offerum waren nur arme Schächer.
Und dieweil man vor 'nem Wald einst des Bösen gedacht,
Hat der Kaiser vor die Stirn ein Kreuzlein gemacht;
Spricht Offerus laut zu seinem Genossen:
"Ei sagt, was macht der Herr heut für Possen!"
Da spricht der Kaiser: "Offere, hör' an,
Ich hab' es wegen des bösen Feinds getan,
Der soll mit mächtigem Wüten und Brausen
In diesem verzauberten Walde hier hausen."
Das bedünket Offero wunderbar;
Spricht zu dem Kaiser trotzig: "Fürwahr,
Hab' ein Gelüst nach Keulern und Hirschen,
Laßt hier in disem Walde uns pürschen."
Der Kaiser spricht sänftlich: "Offere, nein!
Das Jagen in diesem Walde laß sein;
Denn wenn du suchst für den Wanst 'nen Braten,
Könnte der Feind deiner Seele schaden."
Da zieht Offerus ein schiefes Maul:
"Herr Kaiser, Herr Kaiser, die Fische sind faul;
Tut Eure Hoheit vorm Teufel erbeben,
So will ich dem größern Herrn mich ergeben."
Gelassen fordert er seinen Zehrpfennig und Lohn
Und wandert ohne langes Valet davon,
Zieht lustig fort ohn' alles Säumen
Mitten in den Wald, nach den dicksten Bäumen.
Im Walde, auf wilder Haide, war
Von schwarzen Schlacken ein Teufelsaltar,
Drauf schimmerten bleiche Menschengebeine
Und Pferdegerippe im Mondenscheine.
Doch läßt Offerus sich drob nicht grauen,
Tut gemächlich die Schädel und Knochen beschauen,
Ruft dreimal mit lauter Stimme den Argen
Und setzt sich nieder und fängt an zu schnarchen.
Doch als nun erschienen die Mitternacht,
Bedünkt's ihn, als ob die Erde kracht,
Und sieht auf einem kohlpechschwarzen Roße
Einen mohrischen Reiter mit großem Troße;
Der gebeut den Andern, für der zu ziehn,
Und reitet mit großer Gewalt auf ihn,
Will ihn durch große Verheissung verbinden,
Doch Offerus spricht: "Das wird sich finden!"
Und ziehet mit ihm durch die Reiche der Welt,
Sich beßer bei ihm als beim Kaiser gefällt;
Braucht nicht den Helm und den Harn'sch zu poliren,
Kann spielen und saufen und banketiren.
Doch als sie einst auf dem Heerweg ziehn,
Stehn aufgericht's drei alte Kreuze vor ihn'n;
Da kriegt der Mohrenprinz plötzlch den Schnupfen
Und spricht: "Laß mich hier durch den Hohlweg schlupfen."
"Ich glaube, Ihr weichet dem Galgenholz!"
Spricht Offerus und nimmt die Armbrust und Bolz,
Zielt frech nach dem kreuze in der Mitten,
Der Satan ruft leise: "Welch grobe Sitten!
Weißt nicht, der in armer Knechtesgestalt
Ist Mariens Sohn, übt große Gewalt?"
"Wenn's so ist, ich kam zu Euch ungeheissen,
So wisset, ich werde jetzt weiter reisen!"
Fort eilt er vom Satan mit Lachen, fragt dann
Nach Marias Sohn jeden Wandersmann,
Doch weil ihn wenig im Herzen tragen,
Weiß keiner die Wohnung des Herrn ihm zu sagen;

Bis Offerus einst in der Abendstund
Einen alten frommen Einsiedler fund,
Der giebt ihm ein Lager in seiner Klause
Und schickt ihn am Morgen nach der Karthause.
Dort hört der Herr Prior Offerum an
Und zeiget ihm klärlich des Glaubens Bahn,
Sagt, daß er fasten und beten müßte
Wie Johannes Baptista einst in der Wüste.
Doch dieser: "Heuschrecken und Honig pur,
Alter Herr, sind gänzlich wider meine Natur;
Kann man nicht anders im Himmel bekleiben,
So will ich am Ende lieber außen bleiben."
Der Prior spricht warnend: "Du ruchloser Mann!
So fang es auf andere Weise an,
Und schick' dich an zu einem guten Werke!"
"Hm, das läßt sich höre, dazu hab' ich Stärke."
"Schau hin, dort fließt ein gewaltiger Strom,
Der versperrt frommen Pilgern den Weg nach Rom,
Nicht leidet die Flut weder Steg noch Brücken,
Drum leihe den Gläubigen deinen Rücken!"
"Wenn also dem Heiland gefällig ich bin,
Gern trag' ich die Wandersleute her und hin!"
Drauf baut er ein Hüttlein von Schilfesmatten,
Lebte nur bei Bibern und Wasserratten,
Trägt von Stund an von einem zum andern Strand,
Getrost wie ein Kameel und Elephant,
Und wollen die Leute ihm Fährgeld geben,
So spricht er: "Ich trage fürs ewige Leben."
Und als nun nach manchem langen Jahr
Das Alter Offero gebleichet das Haar,
Ruft's einst bei der Sturmnacht kläglich: "Du guter,
Du lieber, du großer, du langer Offere, hol über, hol über!"
Offerus zwar müde und schläfrig ist,
Denkt treulich aber an Jesum Christ,
Greift gähnend nach dem Tannenstamme,
Seinem Stäblein im hohen Wasser und Schlamme.
Wadet durchs Wasser, kommt dem Ufer nah,
Doch sieht er keinen Wanderer da,
Denkt: Hab' einmal geträumet wieder,
Legt sich aufs neu zum Schnarchen nider.
Und als er kaum entschlafen ist,
Ruft's abermals nach kurzer Frist
Gar kläglich beweglich: "Du guter,
Du lieber, du großer, du langer Offere, hol über, hol über!"
Offerus steht zwieer geduldig auf,
Beginnt aufs neue den Wasserlauf,
Doch so weit des Flußes Ufer gehen,
Ist weder Mann noch Maus zu sehen.
Er legt sich aufs Ohr, schläft brummend ein,
Da hört er's zum dritten Male schrein,
Gar kläglich beweglich: "Du guter,
Du lieber, du großer, du langer Offere, hol über, hol über!"
Zum dritten Mal nimmt er den Tannenstab
Und steigt in den kalten Strom hinab,
Spricht unwirsch: "Nun endlich muß sich's doch finden,
Sonst soll mich der Donner verzeih' mir die Sünden!"
Er find't auch ein zartes Junkerlein
Mit goldenem Kraushaar und lichtem Schein,
Ein Lammesfähnlein in der Linken,
Ein Weltküglein in der Rechten blinken.
Das Knäblein schaut gar sanft herauf,
Er hebt es mit zwei Fingern auf,
Setzt's auf den Kopf und brummt: "Der Kleine
Könnt auch wohl spazieren bei Tagesscheine!"
Doch als er nun kommen in die Flut,
Wird's zentnerschwer auf seinem Hut;
Er zieht den Junker herab an den Beinen,
Und denkt: "Wer sollt's von dem Büblein meinen?"
Und immer schwerer wird die Last,
Das Wasser wuchs ihm zu Haupte fast,
Große Tropfen ihm von der Stirne troffen,
Fast wär er mit dem Knäblein ersoffen.
Und als er ihn endlich bracht ans Land,
Setzt keuchend er ihn an den Strand:
"Ach Herrlein, ich bitte nicht wieder
Zu kommen, denn diesmal hab' ich Schaden genommen!"
Da tauft der holdselige Knabe ihn,
Spricht: "Wisse, dir sind deine Sünden verziehn,
Und ob auch deine Glieder zerschellten,
Sei fröhlich, du trugest den Heiland der Welten!
Zum Zeichen pflanz in die Erd' deinen Stab,
Der, lange verdorrt, keine Blätter mehr gab;
Am Morgen wird er grünend sich weisen,
Und du sollst fortan Chrustophorus heißen,"
Da faltet Christophorus seine Händ;,
Spricht betend: "Ich fühl's, es nahet mein End,
Meine Gebeine zittern, meine Kräfte schwinden,
Und Gott hat vergeben all meine Sünden."
Der Heiland verschwand in ein helles Licht,
Christophorus fiel aufs Angesicht,
Steckt dann sein Stäblein in die Erde,
Und schaute, ob es grünen werde.
Und sieh! am Morgen war es grün,
Fing an wie Mandeln rot zu blühn;
Drauf haben die Engel in dreien Tagen
Den Christoph in Abrahams Schoß getragen.