TESTO DEL LIED

"Das Kind am Brunnen"
di Friedrich Hebbel (1813-1863)

Frau Amme, Frau Amme, das Kind ist erwacht!
Doch die liegt ruhig im Schlafe.
Vöglein zwitschern, die Sonne lacht,
Am Hügel weiden die Schafe.
Frau Amme, Frau Amme, das Kind steht auf,
Es wagt sich weiter und weiter!
Hinab zum Brunnen nimmt es den Lauf,
Da stehen Blumen und Kräuter.
Frau Amme, Frau Amme, der Brunnen ist tief!
Sie schläft, als läge sie drinnen.
Das Kind lief schnell, wie es noch nie lief,
Die Blumen locken's von hinnen.
Nun steht es am Brunnen, nun ist es am Ziel,
Nun pflückt es die Blumen munter,
Doch bald ermüdet das reizende Spiel,
Da schaut's in die Tiefe hinunter.
Und unten erblickt es ein holdes Gesicht
Mit Augen so hell und so süße;
Es ist sein eigenes, das weiß es noch nicht,
Viel stumme, freundliche Grüße!
Das Kindlein winkt, der Schatten geschwind
Winkt aus der Tiefe ihm wieder.
Herauf, herauf! So meint es das Kind,
Der Schatten: hernieder, hernieder!
Schon beugt es sich über den Brunnenrand.
Frau Amme, du schläfst noch immer!
Da fallen die Blumen ihm aus der Hand
Und trüben den lockenden Schimmer.
Verschwunden ist sie die süße Gestalt,
Verschluckt von der hüpfenden Welle,
Das Kind durchschauert's fremd und kalt,
Und schnell enteilt es der Stelle.