TESTO DEL LIED

"Was ist Liebe?"
di (Johann Christoph) Friedrich Haug (1761-1829)

Du kömmst vom Kloster Walsingham, Freund Pilger!
Sage mir: begegnete nicht unterwegs mein holdes Liebchen dir?
"Dein holdes Liebchen kenn' ich nicht; woran erkennst es du?
Denn manche sah ich unter Wegs wallfahrten ab und zu."
Blond ist mein Liebchen, blauen Aug's, wie Himmelsboten schön,
Und gleiche göttliche Gestalt auf Erden nicht zu sehn.
"Ja, solch ein Engel, guter Mann, begrüßte mich fürwahr!
Ihr schlanker Wuchs, ihr holder Blick bezaubert ganz und gar."
Sie ist's - ja wohl, die Zauberin, die mich ihr eigen hieß,
Mich höher, als ihr Leben, hielt, und böslich nun verliß.
"O, sprich, warum die Zauberin, die dich ihr eigen hieß,
Und höher, als ihr Leben, hielt, so böslich dich verließ?"
Ich liebte sie mit Jünglingsglut. Bald ist mein Haupthaar greis.
Ach Liebe liebt kein welkes Obst, liebt kein verdorrtes Reis.
Denn Liebe, törlich, wie ein Kind, vergißt, was sie versprach,
Is nach Gefallen blind und taub, und ihre Treue schwach.
Ihr Schooskind fühlt oft langen Schmerz, doch lange Wonne nie.
Was du mit tausend Mühn' errangst, versagt aus Laune sie.
So lieben Weiber! - Lieben? Nein! Ein Spiel der Lüsternheit,
Des Wankelmuts entweihen sie der Liebe Heiligkeit.
Denn wahre Lieb' ist hohe Glut,
Von Engeln stillgenährt,
Die rein in reinen Seelen sich
Und ewig, ewig neu bewährt.