TESTO DEL LIED

"Moosröslein"
di Wilhelmina Christiane von Chézy, née Klencke (1783-1856)

In tiefster Schlucht, in Waldesschoß
Entsproßt das grüne zarte Moos,
Ein Teppich, sammetweich.
Den Blicken zeigt es sich nur klein,
Doch schließt sein Bau ein Wunder ein
Von Wipfel, Laub und Zweig.
Zu Rosenglut, zu Waldesgrün
Schaut's niedre Moos und seufzt: "Solch Blüh'n
Gab mir der Himmel nicht!
Viel Tritte rauschen über mir
Und nicht ein Auge sieht mich hier,
Denn Alle lockt das Licht!"
Und sieh! da kommt im Abendschein
Der Heiland wandelnd durch den Hain
Mit bleichem Angesicht.
Mit wundem Fuß er weiter mußt',
Da fühlt' er's weiche Moos mit Lust
Zu seinen Füßen dicht.
Er kam erst durch die Wüste her,
Da brannten Sand und Sonne sehr,
Nun kühlt das sanfte Moos.
Da spricht der Heiland: "Vaters Hand
Hat solche Lieb' auf dich gewandt
In Zartheit ernst und groß!
Welch Auge mag so blöde sein,
Erkennt nicht in der Kleinheit dein
Des Schöpfers Macht und Huld?
Du zierlich Kraut, so unbeacht't,
Auch dein der Vater hat gedacht,
Dein Loos trag mit Geduld!"
Dies Wort bringt Jesus kaum hervor,
Da sproßt es aus dem Moos hervor,
Ein Röslein wundermild.
Moosröslein wird es bald genannt,
Das blühet nun in jedem Land,
Der Demut süßes Bild!
Ein Leid des Heilands hat's versüßt
Und sanft die Füße ihm geküßt,
Deß wurd' ihm solcher Lohn.
O Herz, bleib immer treu und weich,
Bist du bedrückt, dem Moosegleich,
Dann knospt die Rose schon!