TESTO DEL LIED

"Raymund und Ottilie"
di Friedrich August Clemens Werthes (1748-1817)

Es war ein Winterabend und wehte bitter kalt,
Und tiefer Schnee bedeckte den Weg im öden Wald;
Als die verirrte Ottilie mit lautem Weh und Ach!
Ihr Kind in beide Arme schloß, und wimmernd also sprach:
"O! grausam war mein Vater, der aus dem Haus nicht stieß;
Und grausam meine Mutter, die mir kein Mitleid wies,
Und grausam ist der scharfe Wind der mir so grimmig blies;
Doch grausamer ist Raymund noch, der mich um Geld verließ.
Husch! husch! mein armer Junge! Wärm' dich an meiner Brust!
O! wäre deinem Vater, wie's uns erging, bewußt;
So grausam als er ist, wüßt' er, wie's uns ergeht, mein Kind,
In seinen Armen trüg' er uns hinweg aus diesem Wind.
Kalt! kalt! mein süßer Knabe! Du bist zu schwach, zu zart!
Erwärmt ihn, heiße Tränen! Weh mir! dahin! erstarrt!
Die heiße Träne wird zu Eis, eh sie hinunter fällt.
Nun arme Mutter, hab' ich nichts, nichts mehr auf dieser Welt."
Verzweiflung warf sie nieder auf den beeisten Schnee!
Sie küßt die kleine Leiche mit unnennbarem Weh.
Wild küßt sie Stirne, Wang' und Mund, sieht trostlos auf zu Gott,
Legt ihren Knaben neben sich, sinkt auf ihn, und ist tot.