TESTO DEL LIED

"Hagars Klage"
di Clemens August Schücking (1759-1790)

Hier am Hügel heißen Sandes
Sitz' ich, und mir gegenüber
Liegt mein sterbend Kind,
Lechzt nach einem Tropfen Wasser
Lechzt und ringt schon mit dem Tode,
Weint und blickt mit stieren Augen
Mich bedrängte Mutter an.
Du mußt sterben, du mußt sterben
Armes Würmchen!
Ach nicht eine Träne
Hab' ich in den trocknen Augen,
Wo ich dich mit stillen kann.
Ha! säh' ich eine Löwenmutter,
Ich wollte mit ihr kämpfen,
Um die Eiter kämpfen.
Könnt' ich aus dem dürren Sande
Nur ein Tröpfchen Wasser saugen!
Aber ach! ich muß dich sterben sehn!

Kaum ein schwacher Strahl des Lebens
Dämmert auf der bleichen Wange,
Dämmert in den matten Augen,
Deine Brust erhebt sich kaum.
Hier am Busen, komm und welke!
Kömmt ein Mensch dann durch die Wüste,
So wird er in den Sand uns scharren,
Sagen: das ist Weib und Kind.
Ich will mich von dir wenden,
Daß ich dich nicht sterben seh'
Und im Taumel der Verzweiflung
Murre wider Gott!
Ferne von dir will ich gehen
Und ein rührend Klaglied singen,
Daß du noch im Todeskampfe
Tröstung einer Stimme hörst.
Nur zu letztem Klaggebete
Öffn' ich meine dürren Lippen,
Und dann schließ' ich sie auf immer,
Und dann komme bald, o Tod.
Jehova! blick' auf uns herab!
Erbarme dich des Knaben!
Send aus dem Taugewölke
Labung uns herab!
Ist er nicht von Abrams Samen?
Er weinte Freudetränen,
Als ich ihm dies Kind geboren,
Und nun wird er ihm zum Fluch!
Rette deines Lieblings Samen,
Selbst sein Vater bat um Segen,
Und du sprachst: Es komme Segen
Über dieses Kindes Haupt!
Hab' ich wider dich gesündigt:
So treffe mich die Rache, ha!
Aber ach! was tat der Knabe,
Daß er mit mir leiden muß?
Wär ich doch in Sir gestorben,
Als ich in der Wüste irrte,
Und das Kind noch ungeboren
Unter meinem Herzen lag;
Nein da kam ein holder Fremdling,
Hieß mich rück zu Abram gehen
Und des Mannes Haus betreten,
Der uns grausam itzt verstieß.

War der Fremdling nicht ein Engel?
Denn er sprach mit holder Miene:
Ismael wird groß auf Erden,
Sein Samen zahlreich sein.

Nur liegen wir und welken;
Unsre Leichen werden modern
Wie die Leichen der Verfluchten,
Die der Erde Schoß nicht birgt.
Schrei zum Himmel, armer Knabe!
Öffne deine welken Lippen!
Gott, der Herr, verschmäh' das Flehen
Des unschudgen Knaben nicht!