TESTO DEL LIED

"Wachtfeuer"
di Rainer Maria Rilke (1875-1926)

Wachtfeuer. Man sitzt rundumher und wartet. Wartet, daß einer singt. Aber man ist so müd. Das rote Licht ist schwer. Es liegt auf den staubigen Schuhn. Es kriecht bis an die Kniee, es schaut in die gefalteten Hände hinein. Es hat keine Flügel. Die Gesichter sind dunkel. Dennoch leuchten eine Weile die Augen des kleinen Franzosen mit eigenem Licht. Er hat eine kleine Rose geküßt, und nun darf sie weiterwelken an seiner Brust. Der von Langenau hat es gesehen, weil er nicht schlafen kann. Er denkt: Ich habe keine Rose, keine. Dann singt er. Und das ist ein altes trauriges Lied, das zu Hause die Mädchen auf den Feldern singen, im Herbst, wenn die Ernten zu Ende gehen.
Sagt der kleine Marquis. "Ihr seid sehr jung, Herr?" Und der von Langenau, in Trauer halb und halb im Trotz. "Achtzehn." Dann schweigen sie. Später fragt der Franzose: "Habt Ihr auch eine Braut daheim, Herr Junker?" "Ihr?" gibt der von Langenau zurück. "Sie ist blond wie Ihr. " Und sie schweigen wieder, bis der Deutsche ruft: "Aber zum Teufel, warum sitzt Ihr denn dann im Sattel und reitet durch dieses giftige Land den türkischen Hunden entgegen?" Der Marquis lächelt. "Um wiederzukehren. " Und der von Langenau wird traurig. Er denkt an ein blondes Mädchen, mit dem er spielte. Wilde Spiele. Und er möchte nach Hause, für einen Augenblick nur, nur für so lange, als es braucht, um die Worte zu sagen: "Magdalena, - daß ich immer so war, verzeih!" Wie - war? denkt der junge Herr. - Und sie sind weit.