TESTO DEL LIED

"Ahndung"
di Ludwig Gotthard Theobul Kosegarten (1758-1818)

O Abendsonn', o Holde,
Woher so bleich und blaß?
Du malst mit mattem Golde
Der Flur verfalbend Gras.
Die gelben Stoppelfelder,
Die halb entlaubten Wälder,
Das kranke Abendrot,
Verkünden Grab und Tod.
Du weckst mir leise Trauer,
O herbstliche Natur.
Es wehen Gräberschauer
Auf der erstorbnen Flur.
Die öden Stoppelräume,
Die blätterlosen Bäume,
Das Kraut, das Gras, das Moos,
Verkünden mir mein Loos.
Das Loos der Erdenbürger
Ist: blühen und verblühn.
Den grimmen Menschenwürger,
Wer hemmt, wer bändigt ihn!
Wir altern, wir erkranken,
Wir taumeln, schwindeln, schwanken
Und sinken, rettungslos,
O Grab in deinen Schoos.
Wer weiß, wer weiß, Elise,
Wie bald dein Starker fällt!
Wer weiß, wie bald der Riese
Auf ihn den Bogen schnellt!
Dann hat er ausgelitten,
Auf immer ausgestritten,
Auf immer ausgeschwärmt,
Und satt sich, satt gehärmt.
Wer weiß, wer weiß, o Rose,
Wie bald der Sturm dich pflückt,
Wie bald der Schonungslose
Dich, schlanke Lilie, knickt!
Dann rollen deine Blätter
Verwelkt umher im Wetter.
Den Halm zerstört der Wurm;
Den Staub verweht der Sturm.
Vertraute meiner Schmerzen,
Genossin meiner Lust,
Noch schlagen unsre Herzen,
Noch schwillt uns Brust an Brust.
O, laß uns fest verschlungen,
Umwunden und umrungen,
Auf schroffer Felsen Bahn
Dem Ziele ruhig nahn,
Es glänzt, es glänzt den Treuen
Ein palmumpflanztes Ziel.
Erquickung weht im Freien;
Die Palme rauscht so kühl!
Sie sinken, festverschlungen,
Umwunden und umrungen,
In deinen Schoos hinab,
Gesellschaftliches Grab!