TESTO DEL LIED

"Nebo"
di Ferdinand Freiligrath (1810-1876)

Auf Jordan's grünen Borden,
Da weilte Jakobs Samen,
Da feierten die Horden,
Die von Mizraim kamen;
Da lagerten die Scharen,
Da hielt der Heerzug Rast
Seit langen, langen Jahren
Der sand'gen Wüste Gast.
Da waren ihre Hütten von Leinen aufgestellt,
Und in der Zelte Mitten hob sich des Stiftes Zelt.
Da schützten grüne Sträucher
Sie vor der Glut der Sonnen,
Da füllten sie die Schläuche
An kühlen Wasserbronnen.
Da freuten sich die Müden
Und hoben fromm die Hände,
Daß ihnen bald beschieden
Der langen Wallfahrt Ende;
Da schärften sie die Schneide
Des Schwert's mit kräft'ger Hand,
Zu kämpfen um grüne Weide
In ihrer Väters Land.
Im Tal ruh'n die Nomaden
Und jauchzen: Kanaan!
Moses auf steilen Pfaden
Klimmt das Gebirg hinan,
Schneeweiße Locken fliessen
Auf seine Schultern dicht;
Zwei goldne Strahlen schiessen
Von seinem Haupte Licht.
Und wie er nun die Höhe,
Die schauende, erreicht,
Und, daß er Alles sehe,
Sich zitternd vorwärts beugt,
Da glänzen ihm die Auen
Von tausend Freuden voll,
Die er nur sehnend schauen,
Doch nicht betreten soll,
Da dehnen sich die Flächen,
Wo Korn und Traubereift,
Da ist mit weißen Bächen
Das grüne Land gestreift;
Da schwärmen Bienenkörbe,
Da schreitet Pfluggespann,
Da funkelt Juda's Erbe
Von Bersaba gen Dan.
»Ich habe dich gesehen!
Jetzt ist der Tod mir recht!
Säulend mit leisem Wehen,
Herr! hole deinen Knecht!
Auf diesem Berge sterben,
Wohl müßt' es köstlich sein,
Wo sich die Wolken färben
Im Morgensonnenschein.«
Da nah't auf lichter Wolke
Der Herr des Berges Rücken,
Dem müden Pilgervolke
Den Führer zu entrücken.
Tief unten der Welt Gewimmel,
Forst Flur und Stromeslauf,
Und oben tut der Himmel
Die goldnen Pforten auf!